Geistliches Wort zum Sonntag Exaudi Kraft für müde Hände


Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie. Sagt den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht.
Seht, da ist euer Gott.

Jesaja 53,3+4


Viele von Ihnen wollten jetzt eigentlich im Urlaub sein: in Dänemark oder Mecklenburg oder auf einer Insel?

Eigentlich bräuchten wir alle gerade einen Tapetenwechsel. Wir sind müde geworden im Ausnahmezustand. Gerade jetzt ist plötzlich die Luft raus. Das höre ich von jungen Eltern, die das Zuhausebüro und die Kinder bisher eigentlich gut gewuppt haben. Ich höre es von den Älteren. Eigentlich sind sie gut versorgt. Die Familie und die Nachbarn kümmern sich und doch fehlt Gemeinschaft und Normalität. Auch die Kinder und Jugendlichen haben es satt, ihre Schul-Aufgaben allein zu Hause bearbeiten und höchstens per Bildschirm die Mitschüler und Freunde zu sehen.

Alle möchten mal wieder unbeschwert sein.

Ja, jetzt wäre ein Tapetenwechsel zum langen Wochenende wirklich wunderbar.

Doch die meisten Urlaubspläne haben sich erledigt. Entweder, weil es noch Reisebeschränkungen gibt, oder weil bei veränderten Dienstplänen und Schichtdiensten Urlaubsperre herrscht oder weil man sich bei Kurzarbeit jetzt keinen Urlaub leisten kann …  Müde Hände, wankende Knie und Mutlosigkeit haben sich nach 9 Wochen Corona-Maßnahmen breitgemacht und schlagen bei manchen um in Wut und Misstrauen gegen alle, die vermeintlich die Misere herbeigeführt haben.

Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie. Sagt den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht. Seht, da ist euer Gott.

Stärkung tut not und Urlaub ist nicht in Sicht.

Doch wir leben ja alle auf dem Land. Da muss ich für den Tapetenwechsel nur aus dem Haus gehen: in den Garten, in die Felder, in den Wald. Hier ist der angespannte Corona-Alltag auf einen Schlag verschwunden. Hier gibt es ungefähr 100 Grüntöne und kleine bunte Blüten überall. Hier ist der Boden unter meinen Füßen sanft und federnd. Hier umgeben mich frische Düfte und das Konzert der Vögel in den Bäumen. Jetzt muss ich keine Gartenarbeit machen und auch keinen Sport wie sonst. Jetzt ist es Zeit für Urlaub vom Ausnahmezustand – und sei es nur für ein paar Stunden.

 

Ich gehe heute in den Pastoratsgarten und singe ein Lied:

Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt,
des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht.
Die Tier‘ sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid‘,
die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.

 

Ich singe für mich und ich singe für Gott, denn ich denke: er ist hier, in dieser wunderbaren Natur, ebenso wie in unserer alten Kirche oder in meinem oft ermüdenden Alltag. Er ist hier und ich stelle meine inneren Sensoren ein, um davon etwas wahrzunehmen und Kraft zu tanken.

Die Vögel scheinen nur auf mein Singen gewartet zu haben und singen sogleich mit mir um die Wette! So ist es sonst bei unseren Dorfgottesdiensten am Himmelfahrtstag. Da sind die Vögel im Wettstreit mit dem Posaunenchor und einer großen singenden Gemeinde. Da begegnen sich Menschen aus allen Dörfern des Kirchspiels zum Beten, zum Kaffeetrinken und zum Austausch miteinander.

All das fällt in diesem Jahr flach.

Aber es geht ja auch kleiner: Ich singe mein Loblied im Garten oder im Wald mit den Vögeln um die Wette. Ich mache ein Kaffeekränzchen mit Freunden unterm Baum und eine Radtour mit der Familie. Ich gehe in die stille Kirche oder ins stille Kämmerlein und hole mir Stärkung und Erfrischung an der Quelle, die immer da ist, bei Gott.

Urlaub für die Seele braucht keine Anreise und kein Ferienquartier. Seelenurlaub braucht ein Gegenüber, sei es Gott, der mir in Vogelgesang und Glockenläuten und Bibelworten Mutmach-Botschaften schickt, sei es die Freundin oder der Enkel, mit denen ich endlich wieder einmal Kaffee trinken möchte, draußen im Garten.

Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie. Sagt den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht. Seht, da ist euer Gott.

 

Mit herzlichen Grüßen, bleiben Sie getrost und unverzagt.

 

Ihre /Eure Pastorin Friederike Schwetasch